Zeitenwende für den Welthandel?

Konflikte, Corona und ein Superwahljahr dominieren das internationale Geschehen in den nächsten Monaten. Warum gerade jetzt attraktive Rahmenbedingungen für das Exportland Österreich so wichtig sind. 

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ betitelte ihren internationalen Jahresausblick mit „Das nächste Krisenjahr“. Vom konfrontativer werdenden Verhältnis zwischen den USA und China über Konflikte zwischen Ukraine und Russland oder im südchinesischen Meer bis zur Corona-Pandemie mit Rohstoffknappheiten und Lieferengpässen: Die sicherheits- und geopolitische, epidemiologische und wirtschaftliche Situation lässt keinesfalls den Schluss zu, dass die Welt in den kommenden Monaten in ruhigere Gewässer segelt.

Wie stark die Exportnation Österreich davon betroffen sein kann, zeigt etwa ein Blick auf die Handelsstatistik mit Russland und der Ukraine: Der größte Staat der Erde ist nach Deutschland zweitgrößter Investor in Österreich und liegt bei den heimischen Direktinvestitionen an 14. Stelle. In der Ukraine wiederum ist rot-weiß-rot der sechstgrößte Auslandsinvestor. Zu hoffen bleibt daher auf eine politische Stabilisierung der Situation. Ebenso sollte das EU-Ukraine-Assoziierungsabkommen tatsächlich eingehalten werden, der ukrainische Markt für Handel und Investitionen offen sowie Rechtssicherheit für Unternehmen sichergestellt sein.

Deutlicher Anstieg der Exporte erwartet

Neben den zahlreichen globalen Herausforderungen steht zudem ein „Superwahljahr“ auf der internationalen Agenda, das die wirtschaftspolitische Ausrichtung bedeutender Handelspartner und der EU maßgeblich beeinflussen wird: Voraussichtlich im April wählen Slowenien und Ungarn ihre neuen Parlamente. In Österreichs östlichem Nachbarland wird diesmal ein geschlossenes Oppositionsbündnis gegen die seit 2014 mit Zwei-Drittel-Mehrheit regierende FIDESZ antreten. In Frankreich, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, finden ebenfalls im April die Präsidentschafts- und im Juni die Parlamentswahl statt. Auch in Brasilien wird im Oktober der Präsident gewählt und im November steht die US-Präsidentschaft Joe Bidens auf dem Prüfstand, wenn bei den Midterm-Elections ein Drittel der Senatoren und die Abgeordneten des Repräsentantenhauses neu gewählt werden.

Trotz internationaler Konflikte und Unwägbarkeiten hat die stark exportorientierte österreichische Industrie in jüngster Zeit eindrucksvoll bewiesen, dass sie Krise kann: Nach einem Einbruch bei den Warenexporten zu Beginn der Pandemie um fast acht Prozent verwies die Oesterreichische Kontrollbank zu Jahresbeginn auf ein prognostiziertes Plus von 14 Prozent für 2021. Dieses Wachstum werde heuer zwar etwas abflachen, die Exporte sollen aber immer noch um bis zu fünf Prozent zulegen. Bleiben exogene Schocks aus, werden die Hauptmärkte auch 2022 wachsen – und diese liegen laut Einschätzung des Internationalen Währungsfonds weiterhin vorwiegend außerhalb Europas.

Um die bisherige Erfolgsgeschichte fortzuschreiben, braucht es daher attraktive Rahmenbedingungen für heimische Exporteure und ihre Beschäftigten. Die Industrie plädiert insbesondere für einen besseren Marktzugang durch EU-Handelsabkommen und fairen internationalen Wettbewerb – Stichwort Klimaschutz, bei dem die großen globalen Emittenten mitziehen – sowie exportunterstützende Maßnahmen auf nationaler Ebene. Denn je stärker der österreichische Exportmotor läuft, desto besser für Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Inland. Das gilt speziell in international turbulenten Zeiten.