Die wirtschaftswissenschaftlichen Prognosen für das heurige Jahr sind erfreulich. Der Aufschwung nach bzw. mit Corona fällt für Österreich positiv aus. Die moderate Fortsetzung des industriegetragenen Aufschwungs hält an, zeigt auch das aktuelle IV-Konjunkturbarometer. Tatsache ist allerdings, dass die positive konjunkturelle Entwicklung von zahlreichen Störfaktoren begleitet wird. Der Industriellenvereinigung ist es gelungen, einige davon zu entschärfen bzw. konkrete Verbesserungen für Unternehmen umzusetzen. Mit Blick auf die Arbeitskosten ist die Senkung der Lohnnebenkosten im Bereich des Insolvenzentgeltfonds ein wichtiger Erfolg. Das Aussetzen der Erneuerbaren Pauschale bringt einen ersten wichtigen Entlastungsschritt bei den Energiekosten. Und die Verlängerung der Mangelberufsliste ist ein konkreter Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels (siehe Seite 5).
Die Herausforderungen für die Industriebetriebe bleiben weiter beträchtlich – sie reichen von den exorbitant gestiegenen Energiepreisen und einem massiven Inflationsanstieg über nach wie vor schwer verfügbare Rohstoffe bzw. bestimmte Vorprodukte wie Halbleiter bis zu massiven geopolitischen Spannungen. Angesichts dieser Fülle an Wachstumsbremsen ist es umso wichtiger, die Qualität des Standorts weiter zu verbessern.
Konkret brauchen wir eine Kompensation für erhöhte Strompreise aufgrund hoher CO2- Zertifikatekosten („Indirektes Carbon Leakage“), wie sie in Deutschland und anderen EU-Ländern seit Jahren existieren. Darüber hinaus bedarf es Liquiditätshilfen und einer rascheren Energieabgabenrückvergütung für besonders betroffene Unternehmen. Ein weiteres Handlungsfeld ist die Entlastung in Verbindung mit dem Fokus auf den Kapitalmarkt. Die bereits im Regierungsprogramm vorgesehene Wiedereinführung der Behaltefrist bei der Kapitalertragsteuer ist die richtige Maßnahme zur richtigen Zeit. Gerade angesichts der derzeit hohen Inflation und dem Nullzinsumfeld ist der Vorschlag von Finanzminister Magnus Brunner ein Signal für alle, die bereit sind, langfristig (auch in ihre Altersvorsorge) zu investieren. Ein starker Kapitalmarkt ist zudem Voraussetzung für eine erfolgreiche Klimatransformation. Wichtig für dieses Ziel ist natürlich auch eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, insbesondere der Umweltverträglichkeitsprüfungen (siehe Seite 4). Das Tempo bei Genehmigungsverfahren muss ebenso ambitioniert sein wie die Ausbauziele – sonst können wir die Energiewende unter Erhalt der Versorgungssicherheit nicht realisieren.
Es steht außer Frage, dass Österreich nicht alle Störfaktoren für den Aufschwung allein aus der Welt schaffen kann. Aber bei der Beseitigung aller hausgemachten Hürden für den Aufschwung müssen wir am Ball bleiben, damit Österreich bei Wachstum und Wohlstand vorn ist. Genau dafür setzt sich die IV ein.
Ihr Christoph Neumayer,
IV-Generalsekretär